Der tanzende Mann auf der Strasse
- Selfcare Sunday
- 5. Aug.
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Letzthin habe ich einen Mann am helllichten Tag auf der Strasse fröhlich tanzen sehen, er hatte die Kopfhörer auf und schien sich und die Musik zu geniessen. Bevor ich lächelte und mich für ihn freute, ertappte ich mich zu meiner Überraschung dabei, dass mein erster Gedanke war: Spinnt der?
Mein zweiter war: Warum denke ich so? Spinne ich?
Ich beobachtete weiter und sah, wie skeptische und abwertende Blicke ihn trafen. Ich schien nicht die Einzige zu sein, die erst verurteilend reagierte. Die meisten Menschen um ihn herum, liefen alle mit schnellem Schritt und ernstem Gesicht durch die Strassen, waren in Eile, mussten aus der Mittagspause wieder zum Arbeitsplatz hetzen.Was läuft bei uns als Gesellschaft falsch, dass das so ein aussergewöhnlicher Anblick ist? Warum verurteilen wir jemanden, der Freude hat und diese ausdrückt? Er beachtete niemanden um sich herum, tanzte weiter, drehte sich, machte grosse Armbewegungen und tanzte die Treppe hoch.
Mein letzter Gedanke ist: Ich glaube nicht, dass er spinnt. Ich glaube viel mehr, dass er der Gesundeste unter uns ist. Er ist der Freie, weil es im egal ist was andere denken, weil er ausdrückt, was er fühlt und weil er sich traut aus dem Käfig und den vorgegebenen Normen ein Stück auszubrechen.
Und ich denke: Auch ich spinne nicht, ich bin so aufgewachsen, habe von Kind auf gelernt, was sich in der Öffentlichkeit gehört und was nicht. Habe gelernt "mich zu benehmen". Habe Vorurteile früh gelernt und lerne immer wieder vermeintlich "normale" Dinge zu hinterfragen, auszubrechen und ein Lebensgefühl zu kreiieren, das sich nicht nach Käfig, sondern Freiheit anfühlt.

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